Verstehen Sie Spass? Warum Fake-News nicht lustig sind.

24/11/2016

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Seit den US-Wahlen ist viel von Fake-News, von der Gefahr von Social Bots und von der Verantwortung der Medien die Rede. Gut, kommen diese Themen zur Sprache. Aber auch die Bedeutung der Medienkompetenz sollte hinterfragt werden.  
Fake-News, Blogbeitrag Jürg Kobel

Bei der Unterhaltungssendung "Verstehen Sie Spass?" werden mittels falscher Tatsachen Leute in eine missliche Lage gebracht. Am Schluss können hoffentlich alle Beteiligten wieder lachen (auch wenn dies beim Sketch mit Röbi Koller zuletzt nicht mehr der Fall war). Wenn aber im Internet absichtlich falsche Informationen verbreitet werden, dann hat dies Auswirkungen. Ich spreche nicht über die Meldungen vom Postillon. Diese Nachrichten sind erfunden und dienen zur Unterhaltung. Ich spreche über Schlagzeilen und Berichte, die sich auch dank Social Bots schnell via Social Media verbreiten und sich im Nachhinein als falsch herausstellen. 

Fake-News, also gefälschte Nachrichten, haben in den Sozialen Medien im US-Wahlkampf eine grosse, wenn nicht entscheidende Rolle gespielt. Eine neue Studie der Universität Stanford in Kalifornien zeigt, dass 88 Prozent der Jugendlichen bis 18 Jahre ihre Informationen hauptsächlich über Social Media beziehen (in USA). Was auf Facebook und Twitter erscheint oder Google in den Suchergebnissen ausspuckt, wird geglaubt. Was auf Online-Portalen renomierter Printmedien geschrieben wird, darf geglaubt werden. Klar ist, die Medien müsser viel besser darin werden, Falschmeldungen zu entlarven. Doch wie funktioniert dies und welche Rolle spielen dabei die Social Bots?

Vier Learnings.


1. Gesetze für Social Bots ist Wunschdenken

In der Politik werden Social Bots, welche zum Beispiel bei Twitter auf spezifische Hashtags reagieren, bewusst eingesetzt. Dies war im US-Wahlkampf zwischen Clinton und Trump der Fall. Rund ein Drittel der Pro-Trump-Twitterer waren Bots, bei Clinton waren es etwa 20%. Alle Parteien in Deutschland mit Ausnahme der AfD sprechen sich gegen den Einsatz von Social Bots im Bundestagswahlkampf 2017 aus. Angela Merkel fordert nun, dass sich der Bundestag mit den neuen digitalen Möglichkeiten der politischen Manipulationen auseinandersetzen soll. Letzte Woche kursierten auch Zahlen, dass mehr als 50% der Twitter-Followers bei bekannten deutschen Politikern Social Bots sind. Diese Werte sind aber mit ziemlicher Sicherheit zu hoch. Dennoch: Fakt ist, Social Bots sind nicht erst seit gestern unterwegs und werden vermehrt zum Einsatz kommen. Gesetze für den Einsatz dieser „Meinungsroboter“ zu erstellen, macht nur theoretisch Sinn. Die technische Entwicklung geht sehr schnell und bis Gesetze verabschiedet werden, ist die technische Kommunikation auf einem neuen Stand.

Eigener Twitter Bot in fünf Minuten bauen. https://t.co/rWMO6zUPpH pic.twitter.com/imLCEubpKy

— Thomas Besmer (@besmo) 24. November 2016

Overview of the □ #bot landscape https://t.co/Dj5ngWZTSV @LiveMas @OReillyMedia #chatbots #convcomm pic.twitter.com/ijQMDq9y6C

— botscamp (@botscamp) 23. November 2016

2. Der Qualitätsjournalismus muss weiterbestehen

Im Zeitalter, in welchem Live-Videos über YouTube, Facebook und Instagram von Usern in der ganzen Welt möglich sind, geraten die Medienschaffenden immer mehr unter Druck. Journalisten sind nicht immer vor Ort. Am Berner Medientag am 19. November 2016 wurde über den schmalen Grat zwischen seriös und (vor)schnell, zwischen Puschen und Prüfen, zwischen Zurückhalten und Zurückhaltung im medialen Alltag diskutiert. "Stimmt’s oder stimmt’s nicht?" lautet jeweils die Frage in den Redaktionsbüros. Die Online-Portale von NZZ, Tagesanzeiger oder watson haben den Anspruch, schnell zu sein und wahre Nachrichten zu verbreiten. Hoffentlich auch: Veröffentliche lieber eine Meldung ein bisschen spät(er) als eine Falschmeldung.

Was wohl für alle Medien und überhaupt immer gelten sollte, auch bei Beschleunigung durch Social Media: "Be first but first be right" #bmt16

— Cornelia Egli (@coegli) 19. November 2016
Unter dem Titel "Wer's glaubt wird selig - über die Gerüchteküche auf Social Media" habe ich schon vor einem halben Jahr ein Blogbeitrag geschrieben.

Der Journalismus ist im Wandel. Unternehmen wie Politiker versuchen immer mehr, ihr Zielpublikum direkt auf Social Media abzuholen. Medien können nicht länger erwarten, dass Nutzer zu ihnen kommen. Wollen wir aber weiterhin Qualitätsjournalismus, muss dies uns etwas wert sein. Wir zahlen für anständiges und schmackhaftes Essen, für brauchbare und ansehnliche Kleider. Qualitätsjournalismus muss finanziert werden, kreative Lösungen sind hier gefragt.  

Eben Anfrage eines Fachmagazins: 25.000 Zeichen zum Niedergang des Qualitätsjournalismus. Nachfrage: "Honorar? " Antwort: "150 €" pic.twitter.com/vmTxMNulzl

— Richard Gutjahr (@gutjahr) 23. November 2016

3. Die sozialen Netzwerke und Google sind in der Pflicht

In einem Post schrieb Facebook-CEO Mark Zuckerberg: „Of all the content on Facebook, more than 99% of what people see is authentic“. So langsam sieht aber auch Mark Zuckerberg das Problem mit Falschmeldungen ein, auch wenn darüber gestritten werden darf, ob es Aufgabe von Facebook sei, über richtig und falsch zu urteilen.

Google sieht seine Aufgabe darin, im Internet eine Antwort zu finden. Der Nutzer steht an erster Stelle. Ich glaube, ich spreche nicht alleine, wenn es im Sinne des Nutzers ist, wahre Informationen vorzufinden und nicht gefälschte. Insbesondere wenn die Meinung vorherrscht, eine Information sei wahr, sobald sie auf Google stehe.


4. Auch der User ist in der Pflicht

Das Internet erfordert neue Kompetenzen. Wenn das Stichwort Medienkompetenz fällt, sind meist automatisch die Jugendlichen gemeint. Es ist wahr, dass beinahe alle 12- bis 19-Jährigen in der Schweiz ein Smartphone besitzen. Es ist auch begrüssenswert, dass Pro Juventute einen innovativen Online-Test für Schulen lanciert. Es ist aber ebenso Tatsache, dass sehr viele Erwachsene ständig ihr Smartphone nutzen. Auch sie machen vermehrt ihre ersten Erfahrungen mit Instagram oder Snapchat. Und immer mehr über 50-jährige sind auf Facebook aktiv.
Bild
Medienkompetenz geht uns alle an, es sind nicht nur Junioren oder Senioren angesprochen. Jeder von uns darf frei entscheiden, was er posten will und was er teilen oder liken will. Die Welt wäre aber besser, wenn sich jeder kurz überlegen würde: Ist die Nachricht wahr? Ist der Post nützlich? Oder: Stehe ich auch hinter der Nachricht, wenn diese morgen als Schlagzeile mit meinem Namen im Blick steht?

Medienkompetenz heisst auch zu wissen, was Facebook und Google von dir weiss. Der Algorithmus meint es gut mit uns. Das Internet speichert unsere Besuche im Browser, merkt sich unsere Interessen. Die Suchergebnisse bei Google sind nicht Zufall, ein komplizierter Algorithmus steckt dahinter. Wenn immer möglich greift Google auf dein Nutzerverhalten zurück wie auch Facebook sich genau unsere Likes und Klicks merkt. Die Folge davon ist, dass uns mehrheitlich nur das angezeigt wird, was gefällt. Kommen Sie raus aus Ihrer Filterblase, brechen Sie aus Ihrer Isolation gegenüber Standpunkten, die Ihnen nicht genehm sind. Folgen Sie auch andersdenkenden Menschen. Es ist bereichernd. Fuck the bubble!

24. November 2016
Jürg Kobel
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